So bequem kann der digitale Arzttermin sein

Veröffentlicht am 09.07.2019

Von Katrin Pucknat

Gesundheitsminister Spahn hat ein Digitalisierungsgesetz auf den Weg gebracht. Nun soll es auch in Deutschland möglich sein, sich über das Internet medizinisch behandeln zu lassen. Unsere Gastautorin schreibt, wie komfortabel ein Arzttermin sein kann.

Ein Morgen wie viele andere: Ein Patient mit einer chronischen Erkrankung sitzt am Frühstückstisch. Eigentlich wäre heute wieder der Termin für seine Routineuntersuchung. Die Werte sollten abgeglichen, seine Medikation angepasst und ein paar Dinge geklärt werden. Dafür aber müsste er außer Haus gehen. Der Weg zum Arzt ist immer mühsam, denn dort, wo unser Patient wohnt, ist die Verkehrsanbindung nicht ideal.

Die Praxis im Ort ist schon vor langer Zeit geschlossen worden. So ist das leider oft auf dem Land. Nach der langen Anfahrt kommt dann noch die Wartezeit in der Praxis. Der Arzt bemüht sich schon, seine Terminvergabe zu optimieren. Aber das klappt nicht immer. So ist der Tag für den Patienten verplant. Zeit für andere Aktivitäten bleibt nicht. Heimfahren muss er schließlich auch noch.

Wie gesagt, so wäre dieser Morgen normalerweise gelaufen. Aber heute ist es anders: Unser Patient öffnet sein Smartphone, scannt die Werte an dem Gerät, das sein Leben verändert hat, und überträgt sie direkt über das Internet an den Arzt. Während er auf die Rückmeldung wartet, überprüft unser Patient seine Werte schon einmal selbst und durchsucht online seine Krankenakte nach den Einträgen der letzten Scans. Alles im grünen Bereich. Das meldet ihm auch der Arzt zurück – direkt in der App, mit der der Patient seine Daten übermittelt hat.

Sein Arzt hat sich die Werte angesehen und kommt zu demselben Schluss wie der Patient. Eine Empfehlung hat er dennoch: Die Dosis seiner Medikation könnte leicht optimiert werden. Einen Klick später ist das Gerät, mit dem sich der Patient daheim behandelt, neu kalibriert, ebenfalls online durch den Arzt, der viele Kilometer weit weg seine Praxis hat. Beide vereinbaren, sich das nächste Mal über den Behandlungsfortschritt zu unterhalten. Per Videosprechstunde. Unser Patient trinkt in Ruhe seinen Kaffee aus und geht in sein Arbeitszimmer. Der Tag wartet.

Diese Geschichte ist keine Science-Fiction. Sie ist Realität in vielen Ländern, und sie wird nun auch in Deutschland für viele weitere Patienten Wirklichkeit werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat ein Digitalisierungsgesetz auf den Weg gebracht, das genau diese Art der Telemedizin ermöglichen soll. Ein großartiger Schritt!

Die Zukunft ist bereits da

Unser Patient aus dem Beispiel kann wieder einer Arbeit nachgehen, weil seine Tage nicht von Untersuchungsterminen blockiert sind. Der Arzt hat mehr Zeit, sich um seine Patienten zu kümmern, weil sein Wartezimmer nicht permanent überfüllt ist. Und wie sich gezeigt hat, trägt die Telemedizin (auch „digital health“ genannt) ebenfalls dazu bei, dass die Kosten für die Behandlungen sinken.

Patientenakten enthalten hochsensible Daten. Moderne Cloud- und Verschlüsselungstechnologien sowie geeignete Datenschutzrichtlinien können jedoch Datenmissbrauch verhindern, wie Erfahrungen aus anderen Ländern in Europa und weltweit gezeigt haben. Außerdem müssen Patienten zunächst genehmigen, dass ihre Daten für sich und ihre Ärzte sichtbar sind.

Diese lebensverändernde Technologie ermöglicht es Menschen, sich auf ihre eigene Therapie einzulassen und schnelle, genaue Beratung von ihrem Arzt zu erhalten, ohne die Unbequemlichkeit, einen Termin zu vereinbaren und auf einen persönlichen Termin zu warten.
Wir wollen das Leben der Menschen erleichtern und ihre medizinische Behandlung verbessern – ebenso, wie es die Bundesregierung nun plant. Es geht um die Wahlfreiheit, um ein selbstbestimmtes Leben – auch für Menschen mit einer chronischen Erkrankung.

Die Zukunft ist bereits da. Wir sollten sie begrüßen.

Im Original zu finden auf „WELT